Seife – Die fantastische Verwandlung von Fett und Lauge (Teil 2)

Dezember 13, 2022 0 Von Yvonne

Naturseife trifft Syndets

Was an handgesiedeter Seife so faszinierend ist?

Wenn man handgesiedete Seife nicht mit synthetischen Duft- und Farbstoffen “verschönert”, ist sie vollkommen natürlich – aus einem natürlichen chemischen Prozess heraus entstanden.

Was gibt es Schöneres?

In Naturseife ist das natürlich entstandene Glycerin, also der pflegende Bestandteil der Fette und Öle, die eingesetzt wurden, erhalten. Dadurch wird die Haut gepflegt und trocknet nicht aus.

Ganz im Unterschied zur Industrieseife, fest oder flüssig, “[…] die wir in der Kosmetikabteilung des Supermarkts kaufen, sind zwar als “Seifen” gekennzeichnet, es handelt sich dabei aber in Wirklichkeit um sogenannte synthetische Detergenzien, oder kurz “Syndets”. Dies sind waschaktive Stoffe, die nicht durch eine Verseifungsreaktion, sondern durch chemische Synthese industriell produziert werden.” (Voss, Naturseifen, Braumüller GmbH, 2020, S. 16)

Den Syndets auf der Spur

Syndets, beziehungsweise Industrieseifen, sind in der Folge des 1. Weltkrieges entstanden. Es gab Mangelwirtschaft, Fett wurde in erster Linie als Nahrungsmittel gebraucht und war als Rohstoff für Seife kaum verfügbar. Seife wurde stark rationiert und war überhaupt nur mit Seifenkarten zu haben. Kriegsseifen waren Seifen mit einem extrem niedrigen Fettgehalt, zwischen 7% und 20% Fett wurde eingesetzt. Gestreckt wurde mit Füllstoffen wie Harz, Mehl, Leim, Sand, Kreide und Zucker u.s.w.

Die Industrie stand vor einem Dilemma und entwickelte 1917 die ersten synthetischen Tenside.

Diese werden später weiterentwickelt. Es entstehen die ersten synthetischen Waschmittel auf Kohlebasis. Dies war die Grundlage eines Syntheseverfahrens, wodurch Kohle in flüssige Produkte umgewandelt werden konnte.

Somit wurden nun Kraftstoffe und Mineralöle zu den wichtigsten Rohstoffen der Seifen- und Speisefettherstellung. Das konnte sich bis heute etablieren.

Warum eigentlich Naturseifen verwenden und nicht Syndets?

Die unschlagbaren Vorteile von Naturseifen

1. sparsam im Verbrauch

2. gute Verträglichkeit (anpassen von Ölen auf den Hauttyp)

3. biologisch abbaubar

4. kein Verpackungsmüll, wie Pumpflaschen

5. nachhaltig durch die Verwendung nachhaltiger Rohstoffe, Fair Trade

6. regional – durch Verwendung regionaler Rohstoffe

7. Zusatzstoffe bestimmbar, aber besser weglassen

8. umweltfreundlich

9. Individual – regionales Handwerk und Kleinstmengen

10. natürlich

3. Die Methoden zur Seifenherstellung

Kaltverfahren:

Die gängigste Methode der Seifenherstellung ist das Kaltverfahren. Diese ist über 150 Jahre jung und wird von den meisten Seifensieder angewandt. Hierbei wird die Lauge in destilliertem Wasser, in Blütenwasser und Auszügen angerührt. Es entsteht eine chemische Reaktion, bei der Wärme, eine Temperatur bis zu 90°C, freigesetzt wird. Die Fette werden aufgeschmolzen und müssen, wie auch die Laugenflüssigkeit, abkühlen. Damit sich Fett und Lauge verbinden, sollten beide Flüssigkeiten auf Handwärme abkühlen.

Dabei entsteht der sogenannte Seifenleim. Ist dieser durch Rühren puddingartig, kann er eingeformt werden, ZB. in eine Holzblockform. Jetzt verseift ein Großteil der Fettsäuren. Bei diesem Prozess kommt es zur Wärmebildung und die Seife beginnt zu “gelen”, was zum Vorteil ist, denn dadurch läuft die Verseifung auf Hochtouren. Seifen mit Gelphase trocknen schneller. Seifen ohne Gelphase brauchen länger zur Reifung.

Die Reifung von kaltverseiften Seifen kann sich von einigen Wochen bis zu mehreren Monaten hinziehen, ZB. reine Olivenölseifen brauchen eine Reifezeit von bis zu 13 Monaten.

Diese Methode ist sehr beliebt, denn damit lassen sich Seifen marmorieren, färben, swirlen und in verschiedene Formen einfüllen. Der Seifenleim ist fließfähig und geschmeidig.

Anders verhält es sich beim Heißverfahren.

Heißverfahren:

Hier ist die Entstehung des Seifenleims die gleiche, wie beim Kaltverfahren. Die Heißverseifung ist das klassische Verfahren zur Seifenherstellung und wird seit Jahrhunderten angewendet. Dabei wird dem Seifenleim ständig Wärme zugeführt bis auf 100°C. Dadurch wird die Reaktion und Wasserverdunstung angekurbelt.

Nach wenigen Stunden ist die Seife reif und nach dem Abkühlen gebrauchsfertig. Das Einformen ist hierbei die Herausforderung. Der Seifenleim ist wenig fließfähig und zäh.

Diese Seifen sind grob strukturiert, haben eine raue Oberfläche und sind dunkler. Im Allgemeinen sind sie eher rustikal. Bezugnehmend auf die Pflege stehen sie den kaltverseiften Seifen in Nichts nach.

Eine andere Art der Seife ist die Transparentseife.

Die Glyzerinseife:

Diese wird mit Hilfe von Alkohol hergestellt. Die Herstellung bedarf viel Zeit – mehrere Stunden. Der notwendige Alkohol kann unter Umständen die Haut austrocknen und für wirklich transparente Seifen darf keine oder nur eine geringe Überfettung vorgenommen werden.

Dennoch können für eine Glyzerinseife ZB. alkoholische Tinkturen verwendet werden und gestalterisch eröffnet diese Form der Seifenherstellung neue Perspektiven. Auch ist eine Mischung von kaltverseiften- und Glyzerinseifen möglich.

Es gibt im Handel fertige Glyzerinseife, sogenannte Gießseifen zu kaufen, die im Wasserbad eingeschmolzen werden.

Die Herstellung von Seife ist eine Kunst für sich und ein altes Handwerk. Jeder Seifensieder hat seine eigenen kleinen Geheimnisse, Erfahrungen und Tricks. Es gibt sehr aufwendige Seifen und einfache Naturseifen.

Ich für meinen Teil bevorzuge die einfachen Seifen ohne viel Chi Chi und Tramborium. Ich liebe es, wenn sich in einer Seife die Natur widerspiegelt – Kräuter und Blumen, sie sollten nach Natur duften, deshalb verwende ich allein naturreine ätherische Öle.

Diese kleine Zusammenfassung umreißt im Grunde nur das Thema Seife, ihre Geschichte, die Abgrenzung zur Industrieseife und Herstellungsmethoden. Im Folgenden liste ich die Literatur auf, die ich verwendet habe. Das ist keine Werbung und dient zur Nachvollziehbarkeit der Informationen.

Literatur:

Voss, Naturseifen, Braumüller GmbH, 2020

Vigarello, Wasser und Seife, Puder und Parfum, Campus Verlag, 1988

Cramm, Kräuterseifen, Books on Demand, Norderstedt, 2016

Dr. Cramm, Seifenklassiker, Books on Demand, Norderstedt, 2020