Die Welt der Salben und Balsame (Teil 1.1)

Februar 13, 2022 0 Von Yvonne

Das Handwerk des Salbenrührens ist eine alte Kunst und Tradition schon lange vor der Äbtissin Hildegard von Bingen. Salben dienen dem Schutz der Haut, z.B. vor Wettereinflüssen, wie eine Wettersalbe es tut. Oder bei Verletzungen der Haut – Verschuppung und Wunden, auf solchen Hautstellen aufgetragen, schützt und nährt sie die betroffenen Hautstellen. Sie kann unterstützend bei der Heilung von Wunden sein.

Eine Salbe besteht allgemeinhin aus zwei Komponenten:

1. Fett/Öl
2. Konsistenzgeber (Bienenwachs, Lanolin (Wollfett) od. andere pflanzliche Wachse)

Oder:

1. festes Pflanzenfett
2. Öl (um das feste Fett geschmeidiger und streichfähiger zu machen)

Heute werden vor allem feste pflanzliche Fette und Öle bevorzugt. Doch verwendete man in früheren Zeiten, das was da war, und das waren vor allem tierische Fette, wie Rindertalg, Gänse- und Schweineschmalz. (Meine Mutter stellte, als ich ein Kind war, ihre Ringelblumensalbe stets auf Grundlage von Schweineschmalz her.)

Hildegard von Bingen empfielt zb. bei Narbengewebe “[…] Veilchen-Rosen-Salbe. Hierfür werden 15 ml Veilchensaft, zwei Tropfen Rosenöl und 5 ml Olivenöl in 15g erwärmten Ziegenfett so lange sorgfältig eingerührt, bis eine glatte Creme entsteht […]” (Hildegard von Bingen, garant Verlag GmbH, 2016, S. 137)

Die Konsistenz einer Salbe sollte streichfähig, aber doch etwas fester und “dicker” sein als beispielsweise eine Creme. Der Sinn dahinter ist, dass eine Salbe und die darin befindlichen Inhaltstoffe lange auf der Haut verbleiben sollen, um lange einziehen zu können. Eine Salbe besitzt im Unterschied zur Creme keinen oder einen sehr geringen Anteil an Wasser. Das macht sie haltbar auch ohne Konservierer.

Im Unterschied zu einer Salbe ist ein Balsam feiner und weicher. Eine Salbe ist nach meinem Verständnis eher im Heilkosmetischem Bereich verankert, während ein Balsam etwas für die alltägliche Hautpflege ist, wie unser Jasminwachsbalsam oder das Rosenwachsbalsam. Doch im Grunde genommen ist die Herstellungsweise die Selbe.

Eine Form des Balsams ist unter Anderem auch die sogenannte Sheasahne. Diese besteht in der Grundrezeptur aus festem pflanzlichem Fett – wie der Sheabutter und aus Öl – mehr braucht es nicht!

Das Rühren von Salben und Balsamen mit naturreinen Rohstoffen

“Was auf die Haut gegeben wird, gelangt über das Blut in den gesamten Organismus.” (Veit, Heilkosmetik-aus der Natur, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co.KG, 2016, S. 15)

Somit offenbart sich, weshalb wir auf naturreine Kosmetik zurückgreifen sollten und warum wir beim Selbstrühren auf besonders hohe Qualität der Rohstoffe achten und den Einsatz von schädlichen Substanzen und Konservierungsstoffe meiden sollten.

Aber woher bekommt man nun gute Rohstoffe?

Klar, hat man keine Lust zu bestellen, geht auch die Apotheke um die Ecke. Es gibt wunderbare Öle im Supermarkt, Reformhaus oder im Drogeriemarkt – in Bio-Qualität. Oder man kauft regionale Öle. Es gibt bestimmt auch in deiner Nähe einen kleinen Betrieb, der Öle aus eigener Pressung anbietet.

Die Recherche bleibt leider nicht aus, denn es gibt viel Unrat.

Bienenwachs bekommt man beim Imker (auch in der Apotheke, oder zur Bestellung, z.B. bei Beegut (sehr hohe Qualität)) und Kräuter kann man im eigenen Garten sammeln. Wenn diese Möglichkeit nicht besteht, kann man Freunde, Verwandte oder Bekannte fragen. Und wenn nicht…….ist nicht schlimm.
Wer hat denn gesagt, dass Kräuter immer frisch sein müssen? Es geht auch sortenreiner Tee, Zb. Tee von Thymian, Kamille, Ringelblume oder Melisse. Um die Kräfte der Pflanze in eine Salbe oder Balsam zu packen, sollte ein sogenanntes Mazerat hergestellt werden.
Ein Mazerat ist nichts anderes als ein Öl-Pflanzen-Auszug aus getrockneten oder frischen Pflanzenteilen. Dieser kann auf zweierlei Weise hergestellt werden. Zum einen gibt es das Kaltmazerat und zum anderen das Warmmazerat.

Das Herstellen eines Kaltmazerats

Verwendet man frische Pflanzen, ist darauf zu achten, dass diese am Vormittag gepflückt werden, die Umgebung sollte “sauber” sein (keine Ausscheidungen zb. von Hunden, kein Einsatz von Synthetikdünger oder Pestiziden, nicht an der Straße), es sollte nicht vorher geregnet haben.

Die Pflanzenteile sollten ein paar Stunden (1-3h) “welken” dürfen, damit ein Großteil des Wassers in der Pflanze verdunstet. Danach werden diese klein geschnitten oder gerupft. Ein sauberes klares Glas, dass sich verschließen läßt, sollte bereitstehen. In diesem werden die zerkleinerten Pflanzenteile zu 2/3 gegeben und mit dem Öl der Wahl bis zum Rand aufgefüllt werden. Dann wird das Ganze vorsichtig gerührt, damit Luftbläschen entweichen können. Ist dies geschehen, wird das Glas fest verschlossen. Eine Beschriftung ist sinnvoll und notwendig. (Datum/ Was ist drin?)

Wichtig! Alle Pflanzenteile müssen mit Öl bedeckt sein, sonst gibt es Schimmel.

Das Mazerat wird auf einer hellen, nicht sonnigen Fensterbank (mit Außnahme von Johanniskrautmazerat) gestellt. Es sollte jeden Tag bewegt werden, also auf den Kopf gestellt werden und dann wieder auf den Fuß.

Zeitbedarf: ca. 4-6 Wochen Reifung

Ist der Auszug fertig, so wird mit Hilfe eines Baumwolltuches, das Öl abgeseiht. Dieses Öl wird nun in ein sauberes, verschließbares Glas abgefüllt. Braungläser sind super, aber es geht auch mit einem klaren Einwegglas. Dieses sollte kühl und dunkel aufbewahrt werden (nicht im Kühlschrank).

Das Ölmazerat kann die Grundlage für eine Salbe, Balsam oder Creme sein. Genauso läßt es sich als Körper-, Massage- oder Badeöl einsetzen.Verfeinern kann man es auch mit ätherischen Ölen. Einfach tropfenweise ins Öl geben.

Als Orientierung zur Menge: 1ml (= 25 Tropfen) ätherisches Öl auf 100ml Basisöl

Hier zählt der Grundsatz, weniger ist mehr! Denn ätherische Öle haben auch ihre Tücken und sollten mit Vorsicht Verwendung finden, gerade wenn man sich nicht tiefgreifend mit der Thematik auskennt.

Vor allem in der Schwangerschaft und Stillzeit, sollten ätherische Öle mit sehr viel Vorsicht eingesetzt werden. Am Besten, sie werden in diesen Lebenssituationen gar nicht eingesetzt.

Achtung bei der Verwendung von ätherischen Zitrusölen im Badeöl!

Naturreine ätherische Öle, wie Orange, Blutorange, Mandarine, Petit Grain, Bergamotte, Zitrone u.s.w, also alle Pomeranzendüfte sollten nicht für Bäder verwendet werden. Sie können zu starken allergischen Reaktionen der Haut führen, wie Brennen und gerötete Hautstellen.

Die Herstellungsweise eines Warmmazerats

Das Warmmazerat eignet sich, genau wie das Kaltmazerat, für getrocknete und frische Pflanzenteile. Das ist, sagen wir, die Expressvariante, während das Kaltmazerat die sehr schonende Art ist, der Pflanze Wirkstoffe zu entziehen.

Man bereitet dafür ein Wasserbad, außerdem braucht es ein sauberes Glas, in das die Pflanzenteile zerkleinert hineingegeben werden. Dieses wird mit einem Öl der Wahl aufgefüllt, allerdings nicht bis zum Rand. Man muß noch rühren können (ca. 3/4 des Glases).

Das befüllte Glas wird ins Wasserbad gestellt. Das Wasser sollte “köcheln” (nicht stark kochen, sonst fritieren die Pflanzenteile) Ab und an wird sanft gerührt.

Wann ist die Mazeration abgeschlossen?

Das erkennt man an folgende Punkte:

1. Die Pflanzenteile schwimmen nicht mehr oben und setzen sich am Boden ab.

2. Die Pflanzenteile haben ihre Farbe verloren und das Öl hat Farbe bekommen.

3. Der Geruch hat sich verändert.

Tipp:

Eine genaue Zeitangabe gibt es nicht. Es kommt einfach auch auf die Pflanzenteile an. Wurzeln dauern in der Mazeration länger. Feine Blätter und Blüten weniger lang. Zb. die Ringelblumenblüten lasse ich ca. 30 min im Öl ziehen.

Ist das Mazerat fertig, kann es abkühlen, danach abseihen. Das Öl in ein sauberes Glas geben, verschließen, dunkel und kühl stellen. Das Öl ist ca. 1 Jahr haltbar, ausgehend vom Verfallsdatum des Basisöls kann es weniger lang oder länger haltbar sein.

Tolle Öle zur Herstellung eines Mazerates*

Sonnenblumenöl mild, kaltgepresst nicht lange haltbar, ca. 6 Monatewenig Eigengeruch, günstig
Olivenölreichhaltig, hervorragend verträglich, wärmendstarker Eigengeruch, rel. günstig
Mandelölmild, hervoragend verträglichnussiger milder Eigengeruch, fein, preisintensiv in Bio-Qualität
Jojobaölmild, bis zu 5 Jahre haltbarwenig Eigengeruch, preisintensiv in Bio-Qualität.
Weizenkeimölreichhaltig, für bedürftige Hautkaum Eigengeruch, preisintensiv
Traubenkernölleichtwenig Eigengeruch, rel. günstig
Kokosölleicht, kühlend geeignet für WarmmazeratEigengeruch o. ohne, rel. günstig in Bio-Qualität.

Tolle Pflanzen zur Herstellung eines Mazerates*

junge BirkenblätterEinsatz: unreines Hautbild, stärkt das BindegewebeSammelzeit: Blätter Mai-Juni
GänseblümchenEinsatz: entzündete und unreine HautSammelzeit: Blüten nahezu ganzjährig Achtung! Korbblütler-Allergie
KamilleEinsatz: reizmildern bei nervöser, geröteter und empfindlicher HautSammelzeit: Blüten Mai – September oder getrocknet als reine Teesorte kaufen Achtung! Korbblütler-Allergie
LindenblütenEinsatz: rissige HautstellenSammelzeit: Blüten Juni und Juli
MelisseEinsatz: beruhigt nervöse, gerötete Haut, erfrischt im FußbalsamSammelzeit: Blätter März – Juni
PfefferminzeEinsatz: Beinpflegemittel kühlt und erfrischtSammelzeit: Blätter ab April
RingelblumeEinsatz: universelles Heilmittel, Wundheilung, regenerierendSammelzeit: Blüte ab Mai Achtung! Korbblütler-Allergie

* Veit, Heilkosmetik-aus der Natur, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co.KG, 2016

Literatur:

Hoflacher, Du darfst auf meine Haut, Löwenzahn in der Studienverlag, 2019

Dr. C. Lainka, Vegane Kosmetik, NGV

Veit, Heilkosmetik-aus der Natur, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co.KG, 2016

Käser, Naturkosmetische Rohstoffe, Verlag Freya, Linz, 2019

Hildegard von Bingen, garant Verlag GmbH, 2016